Diese populäre User-Fragen beantworten die beiden Bochumer Sportmediziner Dr. Matthias Manke und Dr. Jörg Heinze exklusiv für revierkick.de.
Viele widersprüchliche Empfehlungen
Obwohl Dehnübungen regelmäßig von Sportlern, Trainern und Physiotherapeuten angewandt werden um Muskel- und Bandverkürzungen vorzubeugen oder zu therapieren ist der Wirkmechanismus wissenschaftlich nicht eindeutig untersucht. Im Bereich des Stretchings gibt es viele und teilweise widersprüchliche Empfehlungen und Erkenntnisse die das Themengebiet für die Sportler und Trainer deutlich erschweren.
Jedes Gelenk hat bedingt durch seine Anatomie einen begrenzten Bewegungsumfang. Die individuelle Beweglichkeit wird aber durch viele weitere Faktoren wie der Dehnfähigkeit von Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln beeinflusst. Weiterhin spielen das Alter, Geschlecht, Temperatur, Tageszeit und der Trainingszustand eine wichtige Rolle. Wir haben also eine ganze Reihe von individuellen Faktoren die für eine gestörte Beweglichkeit verantwortlich sein könnten.
Beweglichkeitsübungen sollten so beschaffen sein, dass sie den Bewegungsumfang eines Gelenkes verbessern. Diesen Übungen werden nach gängiger Lehrmeinung zahlreiche positive Aspekte zugeschrieben. Dies sind beispielsweise Verlängerung der Muskeln, Vorbeugung von Muskel- und Sehnenverletzungen und Verbesserung der Entspannungsfähigkeit. Zu ihnen gehören statische Dehnungsübungen (Stretching), propriozeptive neuromuskuläre Fazilation (PNF) und dynamische Dehnungsübungen.
Wie unterscheiden sich diese Dehnübungen?
Statisches Stretching ist eine äußerst effektive und populäre Technik. Das Ziel ist es, die muskuläre Flexibilität zu verbessern. Bei dieser Methode wird ein Muskel passiv gedehnt und für 10-60 Sekunden gehalten. Statisches Stretching ist wahrscheinlich sicherer als dynamisches Stretching, da hierbei die Gefahr einer nachhaltigen Überschreitung der Dehnbarkeitsgrenzen der jeweiligen Muskulatur geringer ist. Training mit statischem Stretching sollte in das Rehabilitationsprogramm nach einer Verletzung integriert werden. In den meisten Fällen kann man damit frühzeitig nach einer Verletzung beginnen, obwohl hierbei nach einer Muskel- oder Sehnenverletzung die Zustimmung eines Arztes abgewartet werden sollte. Im Allgemeinen kann das statische Stretching begonnen werden, wenn keine Druckempfindlichkeit im Verletzungsgebiet mehr besteht
Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF) ist eine Technik, die bei Beweglichkeitsübungen eingesetzt wird. Hierbei kombiniert man abwechselnd isometrische und isotonische Kontraktionen und anschließende Entspannung sowohl der agonistischen als auch der antagonistischen Muskelgruppen. Diese Übungen werden oftmals mit einem Partner durchgeführt und bestehen aus einer etwa 10 sekündigen Kontraktion, der eine 10-sekündige Entspannung und Dehnung folgen.
Dynamisches Stretching beinhaltet wiederholte Auf- und Abbewegungen. Es wird im Allgemeinen als unsicher angesehen, da es zu schnellen Dehnungen und relativ unkontrollierten Kräften innerhalb des Muskels und der Bänder kommt, die die Grenzen der Muskelfaser überschreiten können.
Während jeder Dehnungsübung sollte die betroffene Muskulatur warm sein und langsam gedehnt werden und bis zum Erreichen eines geringen Widerstandes oder einer geringen Spannung kontrolliert werden. Um die Beweglichkeit zu verbessern, sollte jede Übung täglich mit fünf oder sechs Wiederholungen durchgeführt und für mindestens 20 Sekunden gehalten werden. Stretching sollte in das Aufwärmtraining integriert werden, um die Muskeln auf die nachfolgende Aktivität vorzubereiten.
Hilft Stretching denn jetzt nach dem Spiel?
Stretching nach dem Sport kann Muskelkater in seltenen Fällen sogar verhindern und durch das Dehnen lockerer und warmer Muskeln die Beweglichkeit verbessern. Allerdings kann intensives Stretching sogar selber Mikroverletzungen hervorrufen (siehe Thema Muskelkater).